Zum Verlauf der Laserwaffenversuche in der Deutschen Marine

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Schon im Sommer konnte die Fregatte „Sachsen“ mit einem Container auf dem Mitteldeck in der Eckernförder Bucht beobachtet werden. Über die mit ihm in Verbindung gebrachten Laserwaffentests wurde vieles gemunkelt. Im Januar 2021 beauftragte das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Hochenergielaser Marinedemonstrator, in der +MBDA Deutschland+ und +Rheinmetall Waffe Munition+ zusammenarbeiten, mit der Erstellung, Integration und Unterstützung bei der Erprobung eines Laserwaffendemonstrators im maritimen Umfeld. Für die Erprobung wurde die Fregatte „Sachsen“ ausgeguckt. Bis zur vorübergehenden Einrüstung des Demonstrators erledigte die ARGE die notwendigen Hausaufgaben. Die Integrations- und Testphase startete im November 2021. Ein Meilenstein wurde mit dem Einsatz von Laser gegen Drohnen erfüllt. Am 19. Mai 2022 gab Rheinmetall den erfolgreichen Abschluss dieser auf dem firmeneigenen Testgelände in Unterlüß durchgeführten Kampagne bekannt. Es seien verschiedene Drohnentypen mit einer Reichweite von bis zu einem Kilometer optisch verfolgt und neutralisiert worden.

Von da an sollte der Laserwaffendemonstrator an Bord der „Sachsen“ seine Wirksamkeit unter realitätsnahen operationellen Bedingungen im maritimen Umfeld zu erproben. Ende Juni 2022 wurde der Laserwaffendemonstrator auf der Fregatte eingerüstet. Am 30. August 2022 gelang im Seegebiet nördlich des Truppenübungsplatzes Putlos die erfolgreiche Bekämpfung von Drohnen im Nah- und Nächstbereich. Was den ersten Einsatz einer Laserwaffe von Bord eines deutschen Marineschiffes in See bedeutet – ein Meilenstein für die Marine und für die Bundeswehr. Der Sachverhalt wurde per Pressemitteilung am 27. Oktober 2022 von Rheinmetall bekannt gegeben.

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Die Fregatte “Sachsen” wird das System für ein Jahr bis in den Sommer 2023 erproben. Bild: Bundeswehr.

Am gleichen Tag ließ die Koblenzer Beschaffungsbehörde verlauten: „Im Rahmen einer Testkampagne im Oktober 2022 wurde jetzt der Nachweis erbracht, dass dynamische Ziele unter einsatznahen Bedingungen erfolgreich bekämpft werden können.“ Das zukünftige System sei ein probates Mittel zur „Bekämpfung von kleinen und agilen Zielen, wie Drohen oder Schnellbooten, im Nah- und Nächstbereich“. „Denkbar ist aber auch die Abwehr von Mörsergeschossen und Lenkflugkörpern”, so der zuständige Projektleiter im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr.

Der Laserdemonstrator an Bord der „Sachsen“ besteht aus einem 20-Fuß-Container, auf dem die Laserwaffenstation montiert ist. Die Grobausrichtung der Laserwaffenstation basiert auf den Daten der elektro-optischen Sensoren in der Waffenstation. Die Feinverfolgung erfolgt ähnlich wie bei Radarfeuerleitanlagen. Die Reflexion des sogenannten Beleuchtungslasers vom Ziel wird in entsprechende Steuerungssignale umgesetzt.

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Der Laserwaffendemonstrator ist in einem 20-Fuß-Container integriert, der auf Deck der Fregatte “Sachsen” installiert wurde. Foto: Bundeswehr. Fotograf: PIZ Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung

Die nun bekanntgegebenen Resultate sind ein Zwischenergebnis. Der Demonstrator wird sich in anspruchsvollen Szenarien beweisen müssen. Die Versuche sind bis Mitte nächsten Jahres angesetzt. Am Ende sollen Erkenntnisse über eine funktionsfähige und operativ nutzbare Laserwaffe stehen.

Ziel der aktuellen Untersuchungen im in der Landanwendung ist es, bis Ende 2022 eine geeignete Konfiguration für einen mobilen Technologiedemonstrator mit einer Laserleistung von über 10 kW zur Integration in ein Boxer-Kampffahrzeug zu erstellen.

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Detail des Laserwaffendemonstrators der ARGE MBDA-Rheinmetall. Foto: Michael Nitz/Naval Press Service

Zu den technischen Details ist aus früheren Verlautbarungen bekannt, dass die Laserquelle des Demonstrators auf der seit Jahren untersuchten Technologie der spektralen Kopplung basisere. Eckdaten des Demonstrators sind demnach eine skalierbare Ausgangsleistung von bis zu 20 kW bei sehr guter Strahlqualität. Im Kern besteht der Demonstrator aus zwölf nahezu identischen 2kW-Faserlasermodulen.  Diese würden über einen Strahlkombinierer – einer Baugruppe zur Zusammenführung der Strahlen mehrerer Laserquellen zu einem Gesamtstrahl auf Basis der dielektrischen Gittertechnologie –  zu einem Laserstrahl mit sehr guter Strahlqualität gekoppelt. Der von Rheinmetall bei der Laserentwicklung eingeschlagene Weg der spektralen Kopplung bietet nach Auffassung des Rüstungskonzerns geringe Komplexität und hohe Modularität mit einem Aufwuchspozential bis in die Laserleistungsklasse von 100 kW. Ein anderer Vorteil läge darin, dass die spektrale Kopplungs-Technologie auch als passives System mit äußert geringem Regelungsaufwand arbeiten könne.

Laserwaffenversuche in der Deutschen Marine
Künstlerische Darstellung eines ‘Helios’-Einsatzes. Auskopplung aus der Unterrichtung für den US Congress über Laserwaffen an Bord von Einheiten der US Navy, Washington, 22. August 2022

Die seegestützte Erprobung eines Laserwaffensystems wurde bereits 2020 erwartet. In einem ersten Schritt sollte „hochpräzise und skalierbare Wirkung gegen agile/signaturarme Ziele im Nah- und Nächstbereich schwimmender Systemträger der Marine” (Projektkurzname: HoWiSM) in einem Laserwaffensystemdemonstrator auf einer Korvette K130 als Erprobungsträger integriert werden. Die ursprüngliche Planung, sie auf der Korvette „Oldenburg“ durchzuführen, wurde wegen der UNIFIL-Einsätze der Korvetten revidiert.

Seit Sommer 2019 bilden Rheinmetall und MBDA Deutschland in der Entwicklung von Hochenergie-Lasereffektoren eine Arbeitsgemeinschaft mit dem Ziel, gemeinsam einen Laserdemonstrator für den Einsatz in der Deutschen Marine zu bauen, zu integrieren und zu testen. Rheinmetall hat bereits 2015 auf einem Marineleichtgeschütz (MLG 27) an Bord einer deutschen Marineeinheit eine 10-Kilowatt-Laserwaffe (Hochenergielaser (HEL-Effektor)) installiert, die für das Erfassen und Verfolgen von Zielen eingesetzt wurde. Im Oktober 2016 testete MBDA Deutschland einen Hochenergie-Lasereffektor auf einem Truppenübungsplatz an der deutschen Ostseeküste.

Laserwaffenversuche in der Deutschen Marine
HELMA-P auf der EuroNaval 2022. Foto: Maritime Matters HUM

Die europäische Entwicklung von Laserwaffen hinkt den Fortschritten in den Vereinigten Staaten hinterher. An Bord von „USS Preble“ (DDG-88), einem Zerstörer der Arleigh-Burke-Klasse (2. Los), wird Helios, ein 60-kW-Laser zur Bekämpfung von Drohnen und kleineren Überwassereinheiten eingesetzt. Bei dem Laserwaffensystem von Lockheed Martin handelt sich dabei um die Weiterentwicklung eines bereits zwischen 2014 und 2017 auf USS „Ponce“ (LPD 15) eingesetzten 30-Kilowatt Lasers (AN/SEQ-3 Laser Weapon System, LaWS).

Die Royal Navy experimentiert mit „Dragonfire“, einem Demonstrator des Konsortiums MBDA, QinetiQ und Leonardo.

Während der EuroNaval 2022 wurde bekannt gegeben, dass die französische Marine im kommenden Jahr Seeversuche mit dem System HELMA-P durchführen wird.

Der israelische Rüstungskonzern RAFAEL bewirbt sein Hochenergie-Laserwaffensystem (100-kW) IRON BEAM, dessen landgestützte Version seine Wirksamkeit bereits nachweisen konnte.

Iron Beam. ©RAFAEL

Für verteidigungsrelevante Anwendungen werden Laserquellen für Laser von 2 µm bis 5 µm genutzt. Forschungsarbeiten (unter anderem am Deutsch-französischen Forschungsinstitut Saint Louis) richten sich auf neue Lasermaterialien und dotierten Glasfasern (Thulium, Holmium), nichtlineare Kristallen wie Zink-Germanium Phosphide (ZGP) und nichtplanare optisch-parametrische Oszillatoren (OPOs) sowie nichtlineare Faser wie Fluoridfasern und Erzeugung von Superkontinuum.

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